101 OM-Experts: Günther Giani von Affiliate-Marketing.de

Der heutige Interview-Gast betreibt ein Affiliate-Fachportal, dass sicher jeder Affiliate, Advertiser oder Agentur-Mitarbeiter schon mal besucht hat – Willkommen Günther Giani von Affiliate-Marketing.de. Zu meiner Schande muss ich gestehen, sein Portal und Günther erst so richtig nach meinem Start bei TradeTracker kennengelernt zu haben. Seitdem bin ich auch Fan und nutze sein Portal mehrmals wöchentlich zur Recherche und auf dem Laufenden ztu bleiben. Dafür (für die Zeitersparnis) und Deine Zeit für das heutige Interview, schon mal vorab DANKE Günther.

Wer bist Du und warum liebst Du Online-Marketing?
Mein Name ist Günther Giani und ich bin der Betreiber von Affiliate-Marketing.de. Zu der Frage, warum ich Online-Marketing liebe, könnte ich leicht Stunden referieren. Wenn man einen Laien danach fragt, was er unter Online-Marketing versteht, hört man vermutlich irgendwas von nervigen Bannern, Werbemails und gläsernen Kunden. Ich denke, das liegt daran, dass diese Formate sehr aufdringlich und nervig sind. Da geht´s um Masse, nicht um Klasse. Für mich ist Online-Marketing aber viel mehr als aufdringliches Display-Advertising. Display finde ich sogar eher relativ plump und brachial. Für mich ist Online-Marketing eher eine Spielwiese der Kreativität. Mich faszinieren die nahezu unendlichen Möglichkeiten, coole Produkte und Tools mit wirklichem Mehrwert zu entwickeln und zu betreiben. Das Internet bietet sehr viel Raum, sich kreativ und verantwortungsvoll auszutoben.

Was hast Du gemacht bevor Du das Online-Marketing für Dich entdeckt hast?
Computer haben mich schon immer angezogen. Ziemlich schnell wurde mir aber das bloße Bedienen zu langweilig und ich wollte mehr Einfluss nehmen und Prozesse selber steuern und automatisieren. Ich habe mir relativ früh das Programmieren beigebracht und dabei den Weg über Stapelverarbeitung (keinen Bock gehabt, viel zu tippen um ein Spiel zu starten), Basic, Pascal, C & C++ bis hin zu Websprachen wie PHP, JS und Python genommen. Irgendwann habe ich mit Programmierarbeiten für die RWTH Aachen das debis Systemhaus (mittlerweile T-Systems) Geld verdient… 

Wie bist Du zum Online-Marketing gekommen und wie sieht Dein Werdegang aus?
…und parallel dazu entdeckt, dass man auch mit einer Webseite den ein oder anderen Pfennig umsetzen kann. Ganz am Anfang habe ich diverse Sachen ausprobiert und mein erstes Geld damals mit Dialern (StarPin, NetDebit etc.) über SMS-Portale, Zaubertrick- Portale, Gewinnspiele etc. „generiert“. Recht schnell bin ich dann natürlich beim klassischen Affiliate-Marketing gelandet, was mich bis heute nachhaltig interessiert.
In der Eingangsfrage
habe ich gesagt, dass ich es spannend finde, coole Produkte und Tools mit Mehrwert zu entwickeln und zu betreiben. Ganz nach dem Motto habe ich verschiedene Sachen ausprobiert. Ich hatte ein Portal zum Versenden von kostenlosen Grußkarten und habe damit sehr viel herumexpermientiert. Ich wusste zum Beispiel durch die Kategorien des ausgewählten Grußkartenmotive immer, um welche Thematik es den Versendern der Grußkarten ging. Wenn zum Beispiel ein Motiv zum Thema Taufe verschickt wurde, konnte ich die Benutzer im Anschluss gezielter ansprechen. Ich konnte dann zum Beispiel direkt Taufgeschenke, Babyartikel etc. vermarkten. Das gleiche galt natürlich für die Empfänger. Ich wusste, ob diese gerade Eltern geworden sind, Geburtstag haben, geheiratet haben usw. Dann habe ich über Namenslisten sehr oft die Geschlechter von Sender und Empfänger herausbekommen können und konnte diese Informationen dann auch entsprechend verwenden. Alles wurde in Cookies festgehalten und die Infos konnte ich dann bei jedem Besuch wieder verwerten. Ein Targeting- und Conversionlabor sozusagen. Lange Rede, kurzer Sinn: Es gibt immer irgendetwas auszubrobieren. Die Ideen gehen und gingen nie aus!
Irgendwann bin ich dann bei der Suche nach passenden Partnerprogrammen für meine Projekte verzweifelt, weil es damals keine gute Suchmaschine mit Filterfunktionen gab. Von aktuellen Daten ganz zu schweigen. Mein erster Versuch, dieses Problem zu lösen, war meine Seite Partnerprogramm-Index.de. 2007 habe ich dann die Domain Affiliate-Marketing.de gekauft und betreibe seither die umfangreichste Partnerprogrammsuchmaschine und nach wie vor die Einzige mit stundenaktuellen Daten und Filtermöglichkeiten.

Was ist Dein aktuelles Projekt und/oder Dein neuester Kunde?
Das ist in der Tat spannend, aber dazu werde ich nichts sagen. Es wird auf jeden Fall ein Projekt im B2C-Retail-Bereich, was es so noch nicht gibt.

Welche Messe/Konferenz besuchst Du am liebsten?
Am liebsten habe ich immer die Affiliate Summits in New York und Las Vegas besucht. Schon wegen der damit verbundenen Reisen sind das meine Favoriten. Aber ich besuche auch seit Anfang an sehr gerne die inländischen Konferenzen und Affiliate-Stammtische. Das hat immer was familiäres und ich freue mich jedes Mal, wenn ich alte Bekannte und auch Freunde aus der Branche wiedersehe. Dazu gehören natürlich die Tactixx, die Affiliate Conference, Stammtische in diversen Städen und die kleinen und großen Events und Treffen rund um die dmexco. Dieses Jahr werde ich wohl spätestens im Herbst/Winter auch noch mal unterwegs sein.

Was ist Dein liebstes Marketing Buch bzw. Blog?
Das letzte Marketing-Buch, das ich regelrecht verschlungen habe, war „Psyketing – Kundenhirne verstehen, Umsatz erhöhen“ von Sarah Weitnauer. Das ist richtig guter Input. 
Online finde ich die Angebote von Peer Wandiger, den ChimpifyBlog (früher Affenblog), die Affiliate-Auslese von Projecter und eigentlich alle Podcasts auf Termfrequenz (Affiliate Musixx, Beyond Pageviews etc.) sehr informativ.

Welche Marketing-Trends kommen in den nächsten 12 Monaten auf uns zu?
Bei meinem letzten Besuch beim Steuerberater sind wir ein bisschen ins Plaudern gekommen. Ich habe heraushören können, dass sich im Social-Influencer-Bereich offensichtlich einiges ändern soll. Da soll es wohl weitere Regulierungen geben. Als Beispiel wurden Einladungen auf Reisen, in Restaurants, Produktschenkungen etc. angesprochen, die dann aber in einem professionellen Umfeld mit Gewinnabsicht eingesetzt werden. Das scheint wohl steuerrechtlich eine Grauzone zu sein und wenn ich das richtig verstanden habe, hat der Fiskus das auf dem Schirm, wird dort in Zukunft genauer hinschauen und sieht hier Handlungsbedarf.
Dann stehen selbstverständlich die Themen Datenschutz und Tracking prominent im Spotlight. Ich bin hier ein bisschen egoistisch und hoffe, dass man sich im Affiliate-Marketing wieder ein bisschen mehr auf die Wurzeln konzentriert. Das würde, auch im Hinblick auf Datenschutz, Cookie-Consent etc. einiges entwirren und bestenfalls positiv beeinflussen. Da ist aber neben Lobbyarbeit auch mehr technisches Verständnis seitens der Gesetzgeber gefragt. Hier sehe ich leider ein Defizit ¯\_(ツ)_/¯
Und klar: Metaverse, Web 3.0 und Dezentralisierung.

Wo stehen wir (aus Marketingsicht) in 10 Jahren?
Ich kann mir vorstellen, dass die klassischen Affiliatenetzwerke langfristig Marktanteile einbüßen werden. Personell und auch technisch sind Aufwand und Personenstunden momentan vergleichsweise enorm! Ich tippe, dass in 10 Jahren Marketingaktivitäten überwiegend über Blockchains mit Smart Contracts abgewickelt werden. Auszahlungen werden für jede bestätigte Transaktion in Echtzeit in die Wallets der Publisher gesendet. Das ist in der Kryptowelt teilweise schon jetzt so. Das finde ich richtig spannend und es gibt auch schon einige vielversprechende Projekte und Frameworks, die mindestens enormes Potenzial haben.

Was war Dein spannendstes Learning und die spannendsten News in den letzten Monaten?
Wenn ich die Entwicklung der Branche (speziell im Affiliate Marketing) im Hinblick auf die ganze Datenschutzthematik beobachte, komme ich immer wieder ins Grübeln und sehe ganz klar Nachbesserungsbedarf auf vielen Ebenen. Ich glaube in Sachen TTDSG, DSGVO etc. sind wir noch lange nicht durch und wir sollten uns wieder viel mehr, wie oben schon angesprochen, auf die Kernkompetenz des Affiliate-Marketings konzentrieren und uns ein paar verkrustete Schmarotzer, Nutznießer und Vorurteile aus dem Fell klopfen. Das sollte alles mal wieder ein bisschen geerdet werden und gradliniger ablaufen. Diese fälschlicherweise kommunizierten Schnittmengen aus Affiliate-Marketing und synthetischer Trafficbeschaffungsmaßnahmen, Scam und SUHR gehen mir zum Beispiel schon seit Jahren auf den Sack. Ein Beispiel: Retargeting ist ein Werkzeug, mit dem man auch Affiliate-Projekte befeuern kann. Retargeting und Affiliate-Marketing bleiben aber trotzdem zwei verschiedene Werkzeuge. Solche Dinge müssen viel klarer kommuniziert werden, gerade im Hinblick auf den Datenschutz. Es gibt meiner Meinung nach noch andere, ähnliche „Missverständnisse“, zum Beispiel im Bezug auf das klassische Affiliate-Tracking. Es ist eigentlich in diesem Zusammenhang immer die Rede davon, dass im Affiliate-Marketing User getrackt werden. Tatsächlich wird aber lediglich der Affiliate anhand seiner ID getrackt und nicht der User. Da gehen die Missverständnisse schon beim Wortlaut los. User-Tracking ist, in vielen Teilen vollkommen zu Recht, verpönt und da haben die meisten User auch keinen Bock drauf. Und wenn es überall heißt, dass im klassischen Affiliate-Marketing User getrackt werden, bekommt dieser schöne Kanal fälschlicherweise einen unschönen Anstrich und das ist wirklich nicht hilfreich.
Ein ähnliches Problem sehe ich bei den ganzen SUHR-Knalltütten, die ihre heiße Luft in einen digitalen Luftballon reinfurzen und dann da Affiliate-Marketing draufschreiben. Die sind halt sehr laut, schrill und reichweitenstark und transportieren mit ihrem Passiv- Business-Bling-Bling-Gepose eine komplett falsche Nachricht in Bezug auf´s Affiliate-Marketing. Das ist auch ziemlich uncool.
Zu guter Letzt wundere ich mich immer wieder, was für üble Advertiser es teilweise in die Netzwerke schaffen. Da werden Shops aufgenommen, wo es ausschließlich und gezielt darum geht, die User abzuziehen. Seien es Hellseher, Wunderheiler, sonstiger esoterischer Mumpitz wie energetische Edelsteine für den Wasserhahn, Heilsteine gegen Krebs oder moderierte Fake-Datingportale, Shops mit Fascho-Mode und so weiter. Bei diesen Advertisern werden ganz bewusst Menschen angesprochen, die sich Sorgen um ihre Gesundheit und/oder Zukunft machen, die tatsächlich ernsthaft krank, einsam, einfach irgendwie in eine Schieflage geraten oder ideologisch irgendwann mal falsch abgebogen sind. Diese Leute werden dort mit dubiosen Versprechen abgemolken und geprellt bzw. bedient. Für mich persönlich ist es unfassbar, dass solche „Angebote“ durchgewunken werden. Aus dem Grund lösche ich solche Advertiser sofort, wenn ich sie als solche erkenne. Ich habe keinen Bock, auch nur einen Cent zum Erfolg dieser Programme beizutragen. Leider stellen die meisten Netzwerke ihre Technologien mitunter auch für solchen Kram zur Verfügung. Das ist auch nicht so prickelnd für den Ruf der Branche und man sollte sich ernsthaft fragen, ob man solche Ideologien und Machenschaften wirklich unterstützen möchte.
Das waren jetzt nicht direkt Learnings im klassischen Sinne, aber meiner Meinung nach
dennoch wichtige Punkte!

Welches ist Dein Lieblingszitat?
Ein Lieblingszitat habe ich eigentlich eigentlich nicht. Aber passend zu meiner vorherigen Aussage nehme ich dieses Erkenntnis von Marie von Ebner-Eschenbach:
„Die
Gleichgültigkeit, der innere Tod, ist manchmal ein Zeichen von Erschöpfung, meistens ein Zeichen von geistiger Impotenz und immer – guter Ton.“

Herzlichen Dank für Deine Zeit Günther, maximale Erfolge weiterhin für Dich.




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